Seminar "Mein Leben wagen!" - Erfahrung
Erfahrungen und Eindrücke
eines Teilnehmers des Seminars "
Mein Leben wagen!"
Die Kraft der Bilder
Die Welt, die uns umgibt, ist von Reizüberflutung geprägt.
Täglich stürmen Hunderte von Bildern von Litfasssäulen
und Plakatwänden, aus dem Internet, den Zeitungen und dem
Fernsehen auf uns ein – Krieg, Werbung, Sportrekorde, exotische
Welten, Sex, Terrorgefahren und die großen Gefühle aus
Hollywood wechseln in bunter Reihenfolge und atemberaubender Geschwindigkeit.
Wir sind übersättigt mit äußeren Reizen und
bleiben doch ständig hungrig nach Gehaltvollem. Selten bleibt
Zeit, den Bildern in unserem Inneren nachzuspüren, ihnen Raum
zu geben, um mit den inneren Wahrheiten und Helfern in Kontakt
zu kommen. Die inneren Bilder führen uns in Kontakt mit der
eigenen Vergangenheit, machen Schmerzliches sichtbar, zeigen die
Quellen der eigenen Kraft und den Weg zu einer neuen Identität.
Was würde passieren, wenn wir nur einen Augenblick innehalten,
uns vor einen inneren Spiegel stellen und hineinschauen? Schleier
und Nebel ziehen auf, Landschaften wandern vorbei, Gefühle
verdichten sich zu Gesichtern und Zeichnungen – Zeichnungen,
die mit dem Stift in der Hand zur Realität werden. Erstaunt über
die Ergebnisse der Reise zu den eigenen (Selbst-)Bildern sind auch
Frieda, Bärbel sowie sieben weitere Teilnehmer, die innerhalb
von drei Tagen „das Leben wagen” wollen, wie ein Seminar
im idyllischen St. Kolomann nahe Hallein verheißt.
Mit großen Augen blickt die Frau ohne Körper aus Paulas
Bild, bunte Augen und Farbreflexe wandern bei Irmgard über
das Papier, seltsam schemenhaft bleibt Annas Gestalt und bei Bärbel
reckt sich eine strahlend gelbe Figur neben zwei braunroten, verkrümmten
Embryos, die das Unrecht der Welt herauszubrüllen scheinen.
Grünfließende Formen umtanzen bei Frieda einen eisernen
schwarzen Ring, in dem der Lebensmut eingeschlossen ist und dagegen
mit Blitzen rebelliert.
Immer wieder geht es um die selbst gesetzten Grenzen, um Grenz-erfahrungen
und Grenzüberschreitungen. Wie hoch liegt die eigene
Messlatte, die wir uns täglich neu setzen? Bei 30 Zentimetern,
1,30 oder vielleicht sogar 2,10 Meter? „Ich war jahrelang
damit beschäftigt,
mir immer neue Aufgaben draufzusatteln, ich habe mich selbstständig
gemacht und durchgebissen, schließlich noch meine kranke
Mutter gepflegt”, sagt Hilde (60). Auf einmal hat sie gemerkt,
dass sie sich aus Angst vor der inneren Leere immer mehr aufgepackt
hat. „Mein Vater war stolz auf mich, weil ich so kräftig
war - aber einen Mann kriegt die nie, hat er gesagt. – Das
hat weh getan.”
Die psychodramatische Umsetzung der Problematik geht auch den
anderen Seminarteilnehmern unter die Haut: Mit Oma-Hut und Mantel
ausgestattet, zwei Koffern, zwei Rucksäcken und einer Tasche
bepackt, dreht Hilde Runde um Runde: „Na ja, vielleicht könnte
ich mal einen Koffer abgeben, dann könnte es leichter gehen.” Mit
verbundenen Augen irrt Paula orientierungslos umher, Klänge
und Geräusche, Berührungen und Düfte weisen scheinbar
den Weg, bis der unverhoffte Kontakt mit einer Puppe das Fenster
zum verschlossenen Raum des inneren Kindes öffnet.
Unterstützt von Qi Gong-Energieübungen, Familienaufstellungen und im mitfühlenden Gespräch kommen die inneren Bilder
wie Blasen an die Oberfläche: Verletzungen in der Familie,
Gefühlsblockaden im Körper oder die aktuelle Trauer über
die Trennung der Eltern platzen wie eitrige Geschwüre auf
und werden von einer Tränenflut gereinigt. Überraschende
Verwandlungen und Wendungen offenbaren dann die abschließenden
Impressionen, die mit Pinsel und Wasserfarben aufs Papier gebannt
werden.
Die (Heil-)Kraft der inneren Seelen- und Gefühlsbilder ist
stärker als die der schnell dahin ziehenden Momentaufnahmen
des Alltags. Sogar Wochen später ist das Erlebte noch deutlich
vor Augen. Vielleicht liegt das daran, dass sie in einer anderen
Tiefe gründen und kein Hungergefühl hinterlassen. |
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